Die Wahrheit über Instagram

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Oder sollte der Titel besser „die schöne heile Welt auf Instagram“ heißen? In den vergangenen Monaten habe ich oft darüber nachgedacht, wie enorm sich Instagram in den letzten fünf Jahren entwickelt hat. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie die Plattform anfangs als kleine Schnappschusssammlung angefangen hat – da wurde ein Bild gemacht, kurz ein Filter drübergelegt und ohne viel Text hochgeladen. Es wurde nichts bearbeitet; man hatte keinen individuellen Stil, irgendeine besondere Bildtemperatur oder gar ein bestimmtes Raster für das Gesamterscheinungsbild. Nein, Instagram sollte Spaß machen, authentisch sein und ganz ohne viel Aufwand funktionieren.

In meinem ersten Jahr bei Instagram habe ich immer nur mal gelegentlich ein Bild gepostet, z. B. wenn ich auf Reisen war, etwas Leckeres gegessen hatte (das gleichzeitig auch noch schön angerichtet war) oder mir unterwegs in der Stadt ein interessantes Motiv aufgefallen ist. Obwohl ich schon lange vorher mit dem Bloggen angefangen hatte, war mir Instagram als Medium zur Bewerbung meines Blogs mehr als fern; Blogartikel und Fotos aus eben diesen Beiträgen wurden ausschließlich auf Facebook und Twitter geteilt. Mir wäre es damals im Leben nicht eingefallen, Bilder aus meinen Outfitposts, die mit einer Spiegelreflexkamera aufgenommen wurden, auf Instagram zu teilen, denn dies passte meiner Meinung nach nicht zu dem spontanen Gedanken dieser App.

Doch was anfangs wie ein kleiner Zeitvertreib für viele User begann, ist immer mehr zu einem der wichtigsten, wenn nicht sogar dem wichtigsten sozialen Netzwerk gewachsen. Instagram wurde 2012 für 1 Milliarde $ US Dollar von Facebook aufgekauft, und spätestens seit diesem Tag war klar, dass sich auch für das Publikum so einiges ändern würde.

Denn die Photo-App wurde populärer und gewann immer mehr neue Nutzer. Wer keine klassische Blogwebsite hatte, konnte sich auf Instagram trotzdem so etwas wie einen kleinen Miniblog mit einer gewissen Reichweite aufbauen. Tägliche Outfit-Posts vor dem Spiegel (wie man sie noch aus den Anfangszeiten der Blogs kennt) und der Austausch mit Gleichgesinnten waren für viele der heute sehr bekannten sogenannten „Instagrammer“ der Grundstein für den Erfolg zu einer enorm hohen Followerzahl.

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Natürlich hat auch die Bloggerwelt das Potenzial von Instagram für sich entdeckt. Ich muss gestehen, dass die Zeiten, in denen man nach Lust und Laune einfach ein Bild hochgeladen hat, auch für mich schon lange vorbei sind. Oft mache ich 20, 30 oder mehr Fotos, bis mal eins dabei ist, das mir wirklich gut gefällt und es auch wert ist, noch bearbeitet zu werden. Denn es muss nicht nur das Motiv stimmen, nein, ich möchte, dass meine Bilder alle einen gewissen Stil haben und sich in ihrer Farbgebung ähneln. Helle Farben und ein Weißton mit einem leicht kühlen Blaustich gefallen mir am besten, und dies bei jedem Foto zu realisieren, ist mit ganz schön viel Aufwand verbunden. Da ich versuche, jeden Tag zwischen zwei und drei Fotos zu posten, kann man sich bestimmt vorstellen, dass allein das Pflegen des Instagram-Accounts schon sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Trotzdem ist es mir sehr wichtig, einen in sich stimmigen Feed mit hochwertigen Bildern zu haben, denn dieser ist die Visitenkarte für meinen Blog und somit auch  ein Stück weit für den Erfolg verantwortlich. Schließlich geht es vielen Unternehmen, die mit Blogs zusammenarbeiten, sehr oft nur noch um die Reichweite auf den sozialen Medien (Zielgruppe hin oder her). Es spielt meistens keine große Rolle mehr, dass man seit Jahren seinen Blog mit qualitativen Inhalten pflegt und sich eine treue Leserschaft aufgebaut hat, die den Blog gerne und immer wieder besucht. Nein, in Zeiten, in denen Instagram zum wichtigsten Social Media Tool überhaupt geworden ist, geht es auch vielen Kooperationspartnern oft nur noch um die Reichweite auf eben diesem Medium. Einen sehr guten Beitrag zu der Frage, ob Instagram die Blogs kaputt macht, gibt es hier von meiner lieben Kollegin Sarah von Josie Loves.

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Manchmal finde ich es ein wenig schade, in was für eine künstliche Richtung Instagram sich entwickelt hat. Allerdings kann ich mich selbst nicht davon freisprechen, denn auch ich bin diesem Trend zum Opfer gefallen und ein Teil dieser oberflächlichen, inszenierten Welt. Natürlich sieht es in meiner Wohnung mit den hochlackierten weißen Möbeln nicht so ordentlich aus, wie ich es zeige – überall liegen Duplo-Steine und Bauklötze herum, die frisch gewaschene Wäsche stapelt sich im Wäschekorb und wartet darauf, gebügelt und eingeräumt zu werden, und irgendwelche Brotkrümel müssen andauernd weggesaugt werden. Ich muss oft erst jede Menge Sachen auf- und umräumen, bis ich überhaupt mal einen Hintergrund für ein Foto finde. Und auch ein Outfitbild zu machen, ist mit einem Kleinkind, das ständig ins Bild läuft oder gar meckert, weil es unbedingt mit dem iPhone spielen will, nicht so leicht – vor allem nicht, wenn man erstmal fünfzehn Minuten lang um den Block laufen muss, um mitten in der Stadt einen Hintergrund ohne störende Graffitis und parkende Autos zu finden.

Doch für das „echte“ Leben gibt es mittlerweile wieder neue Apps wie Snapchat bzw. die Instagram-Stories-Funktion. Diese erlauben, ungeschönte, echte Momentaufnahmen und kleine Videos zu teilen. Ehrlich gesagt finde ich dies auch ganz gut, denn ich muss gestehen, dass ich als User auf Instagram mittlerweile auch nur ansprechende, ästhetische Bilder sehen möchte. Immerhin ist es ein Medium, welches wie kein anderes von Oberflächlichkeit lebt – und somit eine schöne Abwechslung zum wahren Leben ist.