Es gibt wohl kein anderes Thema, zu dem ich mehr Emails bzw. Direktnachrichten erhalte als die Frage nach meinen Hermès-Taschen. Es lassen sich zwar im Internet in diversen Foren doch eine Menge Informationen finden, aber ich dachte, es wäre bestimmt interessant, an dieser Stelle einmal eine kleine Zusammenfassung zu machen.
Die Birkin Bag
Sie ist die vielleicht berühmteste Tasche der Welt, obwohl sie schlichter kaum sein könnte. Zwei Henkel, eine rechteckige Form und nur das qualitativ höchste Leder machen den Klassiker aus, der so bekannt ist, dass er kein Logo braucht, um erkannt zu werden. Die Legende besagt, dass die französische Sängerin und Schauspielerin Jane Birkin während eines Fluges nebem dem damaligen Hermès-Chef Jean Luis Dumas saß und sich darüber beschwerte, keine geeignete (Hand-)Tasche zum Reisen zu finden. Und so begann Dumas kurzerhand, auf einer Serviette einen Entwurf zu skizzieren – eine Legende war geboren. Die Birkin Bag wurde erstmals 1984 produziert und hat sich seitdem zum Kultobjekt, ja gar Kunstobjekt entwickelt.
Das allererste Modell, das für Jane Birkin persönlich angefertigt wurde und deren Initialen trägt, ist übrigens im Besitz der Pariser Boutique-Inhaberin Catherine Benier, die die Tasche vor mehreren Jahren bei einer Auktion ersteigert hat.
Die Kelly Bag
Ein weiterer Handtaschenklassiker aus dem Hause Hermès ist die Kelly Bag, die ihren Namen niemand geringerem als Fürstin Gracia Patrizia verdankt. Es heißt, dass die elegante Hollywood-Ikone die ersten Anzeichen einer Schwangerschaft mit der Tasche verdecken wollte. Als die Fotos der Fürstin mit ihrer trapezförmigen Tasche im „Life Magazine“ abgebildet wurden, war dies die Geburtstunde der „Kelly Bag“, die fortan von der Öffentlichkeit als solche bezeichnet wurde. Die offzielle Namesgebung des „petit sac haut à courroies“ (Tasche mit Trageriemen) als „Kelly Bag“ durch Hermès erfolgte allerdings erst 21 Jahre später.
Die Unterschiede
Beide Modelle ähneln sich in Aufbau und Optik, doch natürlich fällt als erstes auf dass die Kelly Bag nur einen Henkel hat. Dafür ist sie allerdings mit einem abnehmbaren Schultergurt ausgestattet, der das Tragen unkomplizierter gestaltet. Auch in der Form unterscheiden sich beide Taschen, denn das trapezförmige Design der Kelly Bag läßt sie sehr viel schmaler und feiner wirken, was sich besonders in Sachen Gewicht bemerkbar macht: Meine Kelly Bags kann ich guten Gewissens stundenlang auf der Schulter oder in der Hand bzw. Armbeuge tragen, was ich von der Birkin Bag leider nicht behaupten kann. Diese hat bereits ein nicht unerhebliches Eigengewicht, und wenn ich auch nur das Allernötigste einpacke (Schlüssel, ein kleines Makeup-Case, Kreditkartenetui) so wird der Arm nach ein, zwei Stunden schon ein wenig schwer.
Die Gemeinsamkeiten
Die wohl größte Gemeinsamkeit ist das kleine Schloss mit Pochette und Schlüssel, mit der man die Taschen verschließen kann. Dazu werden die zwei seitlichen, schmalen Riemen benötigt, die sich ebenfalls an beiden Modellen befinden. Das Logo findet man jeweils oberhalb der Verschlusses; es wird aber verdeckt, sobald man die obere Klappe herunterläßt um die Tasche zu verschließen, was ich auch jedem dringend empfehle, den mir selbst wurde schon aus der verschlossenen (!!!) Kelly Bag in Paris Geld geklaut – ich habe kaum gemerkt, wie mich im Vorbeigehen jemand gestreift hat, und plötzlich war meine Tasche geöffnet und das Geld verschwunden.
Die Größen
Birkin Bags sind in Größen von 25 bis 45 cm erhältlich, wobei dies die Breite der Tasche bezeichnet. Meine Taschen sind beide in Größe 35 und zum Reisen, für Geschäftstermine oder wenn man einfach viel mitnehmen muss absolut ideal.
Eine Kelly Bag ist in den Variationen 20, 25, 28, 32, 35 und 40 cm erhältlich, doch hier sei gesagt, dass gerade die besonders kleinen Modelle 20 und 25 nur sehr schwer zu finden sind. Meine Kelly Bags haben eine Breite von 32 cm, und ich finde diese Version sehr gut.
Die Lederarten
Die drei häufigsten und beliebtesten Leder sind Epsom, Box, Togo und Clemence.
- Epsom ist ein geprägtes, bearbeitetes Leder (ähnlich dem Kaviar-Leder von Chanel bzw. dem Saffiano von Prada), das sehr kratzfest. leicht und stabil ist.
- Togo ist ein Kalbsleder mit einer leicht körnigen Maserung, die man beim Herüberstreichen spürt. Dieses Leder ist sehr robust und stabil, sodass die Tasche auch nach vielen Jahren nicht arg zusammenfällt und ihre Form behält.
- Clemence Taurillon ist ein Leder vom Stierkalb. Es ist sehr weich, hat eine grobe, aber schön flache Maserung und Struktur. Es ist eine beliebte Wahl, besonders für die Birkin Bag, denn das Leder läßt sich immer wieder aufarbeiten und restaurieren. Allerdings neigt es dazu, nach einer Weile nachzugeben und nicht besonders formstabil zu sein.
- Box: Das wohl bekannteste Leder aus dem Hause Hermès, das vor allem Dingen für Kelly Bags verwendet wird. Es hat eine intensiv glänzende glatte Oberfläche, die allerdings recht empfindlich ist und zu Kratzern neigt. Viele Sammler, besonders diejenigen von Vintage-Taschen, lieben den Used-Look dieses Leders, das sich jedoch auch gut im „Hermès-Spa“ aufarbeiten läßt.
Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche (hochpreisige) Exotenleder wie z. B. Alligator oder Strauß, auf die ich an dieser Stelle jedoch nicht eingehen werde, da dies den Rahmen sprengen würde
Und wo kann man die Taschen kaufen?
Es gibt zwei, nein eigentlich drei Möglichkeiten, eines der begehrten Taschenmodelle zu erstehen. Der wohl gängigste Weg ist, sich in einer Boutique auf die Warteliste zu setzen. Bis die Tasche dann da ist, dauert es je nach Modell zwischen einem und drei Jahren. Allerdings hat man hierbei den Vorteil, Lederart, Beschläge (Gold oder Palladium) und Farbe konkret auszuwählen. Ein Taschenwunsch ist immer unverbindlich, wird erst bei Erfüllung bezahlt (zum aktuellen Preis) und mit ein wenig Glück verkürzt sich auch die Wartezeit.
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, in der allerersten Hermès-Boutique in Paris, auf der Rue du Faubourg Saint Honoré 24, eine Tasche direkt und ohne Warteliste zu kaufen. So stellt man sich morgens, am besten noch bevor der Store öffnet, in der Schlange an. Wer frühmorgens kommt, hat bessere Chancen, denn auch in diesem recht großen Store sind die Stückzahlen enorm begrenzt. Ich würde behaupten, dass nur etwa jeder Zehnte (oder vielleicht eher Elfte bzw. Zwölfte) tatsächlich eine Tasche erhält, denn natürlich ist es nicht möglich, jedem der täglich 3.000 Besucher seine Wünsche zu erfüllen.
Bei meinen Besuchen habe ich immer irgendwie den Eindruck gehabt, als ob es einfacher ist, größere Modelle (d. h. ab Größe 35) zu bekommen, da die Nachfrage hierfür sehr stark gesunken ist. Der aktuelle Trend geht bei allen Designern in Richtung klein oder gar mini, und dies macht sich auch bei Hermès bemerkbar. Außerdem ist auch die Kelly Bag etwas rarer als ihre große Schwester geworden, denn die Vorzüge des Schultergurts und des geringen Eigengewichts haben sich in der Modewelt herumgesprochen.
Eine dritte Möglichkeit ist der Weg über eine Plattform wie Vestiaire Collective, bei der gebrauchte, aber teilweise auch neue Hermès-Taschen angeboten werden. Da alle Artikel vor dem Versand bei Vestiaire Collective auf Herz und Nieren geprüft werden, kann man dort guten Gewissens einkaufen. Diesen Weg würde ich jedem empfehlen, der z. B. nach einer bestimmten Farbe sucht oder aber einfach nicht lange warten möchte.
Birkin oder Kelly Bag – Und welche Tasche ist nun besser?
Eine schwierige Frage, haben doch beide Taschen ihren Charme. Bei der Birkin Bag mag ich sehr, dass sie relativ sportlich ist und man sie besonders tagsüber sehr gut tragen kann. Hinzu kommt, dass sie dank der „ausklappbaren“ seitlichen Flügel auch relativ geräumig ist. Dennoch muss ich gestehen, dass mir persönlich die Kelly Bag besser gefällt, und das liegt vor allem am Schultergurt. Denn irgendwie passt sie ganz gut zu meinem aktuellen Lebensstil als junge Mama, die viel mit dem Kinderwagen unterwegs ist bzw. am besten zwei freie Hände haben muss. Besonders schön finde ich auch, dass man eine Kelly auch gut abends tragen kann, und gerade die 32er-Größe ist ein schöner Allrounder.
Lohnt es sich, so viel Geld in eine Tasche zu investieren?
Diese Frage muss natürlich jeder für sich beantworten, aber wenn man mich fragt, dann würde ich dies bejahen. Allerdings sollte man sich wirklich sicher sein, die Tasche haben zu wollen, denn es ist tatsächlich ein kleines Vermögen, das mit einem Schlag für ein einziges Objekt ausgegeben wird.
Ich weiß, dass eine Hermès-Tasche für viele Frauen eine Art Status-Symbol ist, doch ich sehe es nicht so. Wer meinen Blog schon länger verfolgt, dem wird sicherlich aufgefallen sein, dass ich kein großer Fan von prominenten Logos bin. Den berühmten CC-Verschluß einer Chanel Classic Flap finde ich noch einigermaßen in Ordnung, aber Chanel-Logo-Ohrringe, Armreifen oder Halsketten wird man bei mir vergeblich suchen. Und dies ist etwas, das mir an Hermès so gefällt: Understatement. Qualität, die für sich spricht. Ein kleines, aufgedrucktes Logo, das die meiste Zeit über allerdings verdeckt bleibt; keine auffälligen Nieten, Muster oder Ähnliches. Zeitloses Design, das seit Jahrzehnten die Modewelt begeistert. Und vor allem Dingen weiß ich, dass ich mich wahrscheinlich niemals satt sehen werde, denn eine Birkin oder Kelly Bag hat schon so manchen Trend überstanden.